Wie fühlen Hunde?
Teil 2
Im ersten Teil des Artikels haben wir die rein körperlichen Ähnlichkeiten zwischen Hunden und Menschen angesprochen, die Wissenschaftler zu dem Schluss führen, dass Hunde sehr ähnliche Emotionen haben wie wir.
Hunde träumen. Sie schütten bei Kontakt mit ihren Bezugspersonen Oxytocin aus (das "Kuschelhormon"). In der Tiermedizin gibt es die Diagnose "Depression" bei Hunden. Wenn Hunde Angst haben, ist das an denselben körperlichen Parametern messbar wie bei uns. Forscher wie Heribert Hofer, Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung, sprechen bei Tieren inzwischen von Enttäuschung, Selbstvertrauen oder Hilflosigkeit.
Emotion oder Gefühl?
Wir vermischen umgangssprachlich Gefühl, Emotion, Empfindung etc. ziemlich willkürlich. Vor dem Hintergrund der modernen Neurobiologie müssen wir genauer hinschauen, um einzuordnen: Was wissen wir bisher über die Emotionen von Hunden, und was nicht?
Anhand der sehr ähnlichen "Hardware" kann man heute bei Hunden und vielen anderen Tieren von den so genannten universellen Emotionen ausgehen: Freude, Trauer, Liebe, Hass, Wut und Angst sind die Emotionen, die auch bei allen Menschen unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft auftreten. Alle diese Emotionen sind evolutionsbiologisch sehr alt und wertvoll, und nicht willentlich steuerbar. Man könnte sagen, sie sind eine körperliche Reaktion in Form von Botenstoffen, Puls etc., eine Art automatisch ablaufendes Programm, das auch bestimmte Handlungen auslöst.
Was wir hier als "Gefühle" bezeichnen wollen, ist hingegen alles andere als universell oder messbar, auch beim Menschen nicht. Gefühle sind viel kognitionsbezogener und komplizierter, weil sie Dinge wie bewusste Erinnerungen, Zukunftsgedanken oder gesellschaftliche Erwartungen beinhalten. Deshalb sind sie auch bei uns Menschen nicht universell – dazu sind unsere Werte, Kulturen, sozialen Normen, persönlichen Erfahrungen viel zu unterschiedlich. Vereinfacht könnte man sagen: Ein Gefühl beinhaltet eine Wertung. Scham oder Schuld beispielsweise setzen moralische Werte voraus. Wir haben unsere ganz persönlichen ethischen Maßstäbe oder soziale Normen nicht erfüllt. Das sind Werturteile. Wenn wir nicht wissen, dass "man etwas nicht tut", können wir uns auch nicht dafür schämen. Gefühle können sehr mächtig sein, aber wir Menschen können sie willentlich beeinflussen, indem wir etwa Kindheitserfahrungen aufarbeiten, uns Werturteile bewusst machen oder unsere Denkweise über bestimmte Dinge verändern.
Und das können Hunde, soweit wir wissen, eben nicht.
Warum ist das so wichtig?
Dieser Unterschied ist enorm wichtig für unseren ganz alltäglichen Umgang mit dem Hund. Angst z.B. ist eine Emotion und damit willentlich nicht steuerbar. Es ist also Unsinn, zu glauben, wir könnten die Angst unseres Hundes durch Zuwendung verschlimmern. Im Gegenteil: Social Support, der Beistand von Bindungspartnern, bewirkt die Ausschüttung von Oxytocin und einen messbaren Rückgang von Stressparametern. Umgekehrt ist es Unsinn, zu glauben, ein Hund würde sich schuldig fühlen, wenn er z.B. in unserer Abwesenheit auf den Teppich gepieselt hat – dazu müsste er moralische Einsicht haben. Er hat aber höchstens frühere Strafen, unser (beängstigendes) Verhalten, mit dem Vorhandensein von Hundepipi in der Wohnung verknüpft und beschwichtigt schon mal vorsichtshalber.
Dem Hund Gefühle wie Scham, Schadenfreude, Unverschämtheit oder Trotz zu unterstellen, ist also tatsächlich "Vermenschlichung".
Emotionen wie Wut oder Angst hingegen sind messbar vorhanden. Sie lösen Stress aus und können die Lebensqualität von Hunden beeinträchtigen, sogar ernsthaft krank machen. Wir müssen sie also ernst nehmen, damit es unserem Hund gut geht. Wir spielen ja auch mit ihm, weil er Freude daran hat! Wir glauben sofort, dass unser Hund uns liebt – den Hund zwei Häuser weiter hassen "darf" er aber nicht. Wenn wir unseren Hund mit seinen Emotionen annehmen wollen, dann auch mit allen! Mit gezieltem Training können wir ihm ja helfen, seine Emotionen zu verändern, damit er nicht mehr vor Traktoren flüchten oder den Nachbarshund antoben muss. Sie zu verbieten oder zu unterdrücken, bringt dagegen einfach nichts. Wenn wir uns nun über ein bestimmtes Verhalten unseres Hundes wundern oder ärgern, lohnt es sich, einmal genauer hinzuschauen: Was ist wirklich zu beobachten (Körperhaltung, Mimik, Atmung etc.) und wo ist bei unserer Interpretation seines Verhaltens ein Werturteil im Spiel? Schließlich möchten wir doch alle unseren Hund besser verstehen.
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